Albert-Schweitzer-Schule Dorsten

HuPäSch – Hundegestützte Pädagogik in Schule als neuer Baustein des Schulprofils der ASS

Seit Dezember 2010 ist Giacomo, ein Goldendoodle, im Rahmen eines Projektes „Mitglied“ der Klasse 4b der Albert-Schweitzer-Schule.

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Klassenlehrerin Melanie Frinken erzählt:

Teil 2: Wie Giacomo Mitglied der 4b wurde

Die Prägephase des Hundes ist die Zeit, in der der Welpe möglichst viele positive Erfahrungen mit seiner Umwelt machen sollte. So lernt er, mit vielen Situationen später gelassen umzugehen. Diese Phase dauert bis etwa zur 14. Lebenswoche. Diese Zeit wollte ich bei Giacomo nutzen, um ihn mit der Schulsituation vertraut zu machen.

Die Klasse 4b konnte es kaum erwarten Giacomo kennen zu lernen. Da dieser Ausflug in die Schule aber für den Welpen sehr anstrengend werden würde, bat ich die Kinder, ihn zunächst vollkommen in Ruhe zu lassen. Sie sollten ihn weder streicheln, noch rufen und sollten sich möglichst leise verhalten. Allein die neuen Gerüche und Geräusche würden Giacomo sehr in Anspruch nehmen.

Die Kinder hielten sich alle ohne Ausnahme an unsere Absprachen. Das Verständnis für das kleine, süße Hundebaby, welches erst vor einer Woche von Mutter und Geschwistern getrennt worden war, rief bei allen einen Beschützerinstinkt hervor.

Ich nahm Giacomo anfänglich 1-2mal pro Wochen für 2 Unterrichtsstunden mit in die Schule. Zwei Schüler hatten mir auf Nachfragen erzählt, dass sie Angst vor Hunden hätten. Trotzdem waren sie einverstanden, den kleinen Hund frei in der Klasse umher laufen zu lassen. Giacomo schaute sich in meiner Nähe um, lief aber noch nicht zu den Kindern.

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Geschafft von der Autofahrt und einem Spaziergang vor dem Unterricht, schlief er meist schon nach wenigen Minuten auf seiner Decke zu meinen Füßen ein.

Ich nutzte diese ruhige Einstiegsphase, um mit den Kindern wichtige Verhaltensregeln für den Umgang mit Giacomo zu besprechen. Folgende Regeln stellten wir gemeinsam auf:

Regeln für den Umgang mit „Giacomo“

Leise sein- Giacomo hört viel besser als wir!

Nicht rufen – Giacomo entscheidet selbst, wo er hin möchte!

Nichts herum liegen lassen – Giacomo frisst alles!

Nicht rennen – Giacomo hat einen Jagdinstinkt!

1 Hund – 1 Kind – sonst wird es Giacomo zu viel!

Am Ruheplatz nicht stören – Giacomo braucht auch mal Pause!

Vor dem Frühstück Hände waschen – Giacomo badet nur selten!

Die Kinder bemühten sich von Anfang an intensiv um die Einhaltung der Regeln. Wenn die Lautstärke zunahm, ermahnten sie sich gegenseitig zur Rücksichtnahme. Zettelchen und Stifte, die auf dem Boden lagen, wurden eingesammelt, egal wem sie gehörten. Wasser und Decke lagen stets für Giacomo bereit, sobald wir den Klassenraum betraten.

Mittlerweile stromerte Giacomo auch schon gerne durch die Klasse. Stets streckten die Kinder, auch die ängstlichen, fast automatisch die Hand aus, wenn Giacomo in ihre Nähe kam. Hier ein Schnürsenkel, dort ein Trageriemen fesselten teilweise seine Aufmerksamkeit.

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Die Kinder halfen mir, ihn vor Schaden zu bewahren und ich half den Kindern sich durchzusetzen, wenn er an ihren Sachen knabberte.

Im Sachunterricht hatten wir direkt nach Giacomos Aufnahme in die Klassengemeinschaft mit dem Thema „Hund“ begonnen. Die Kinder sollten nicht nur wissen, dass Giacomo einen Jagdinstinkt hat, sondern auch woher. Sie sollten verstehen, warum man einen Hund nicht beim Fressen stört und wie sich ein Hund auch im „Menschenrudel“ wohl fühlt. Zwei Themen waren mir hierbei besonders wichtig, um Unfälle zu vermeiden. Die Körpersprache des Hundes verstehen auch Erwachsene Menschen noch häufig falsch. Kleinere Kinder deuten sogar ein Zähnefletschen und Drohen des Hundes gefährlicherweise als Lächeln. Hier musste eine Gefahrenquelle durch Wissensvermittlung ausgeschaltet werden.

Das zweite Thema waren Verhaltensregeln bei der Begegnung mit fremden Hunden. Die Regeln, die die Kinder am meisten verwunderten, waren

1.Schaue einem Hund nie direkt in die Augen! Für Hunde ist dies die erste „Kraftprobe“ bei einer Rangklärung.

2. Bleibe bei einer bedrohlichen Begegnung mit einem Hund still stehen.

Diese zweite Regel stieß bei einigen Kindern auf völliges Unverständnis. „So mache ich es doch dem Hund noch leichter, mich zu beißen!“, war ihre Argumentation. Ein „Selbsttest“ mit Giacomo auf schneebedecktem Feld verdeutlichte den Jagdinstinkt des Hundes. Hinter den rennenden Kindern rannte er begeistert her und versuchte sie mit seinem Maul festzuhalten.

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Sobald die Kinder aber stehen blieben, verlor Giacomo das Interesse. Mit Hilfe des Wissens über die Körpersprache des Hundes konnten wir seine typischen „Beschwichtigungssignale“ auf unseren Körper übertragen: den Kopf senken und seitlich abwenden, um direkten Blickkontakt zu vermeiden, die Schultern hängen lassen, um sich nicht unnötig groß zu machen vor dem Hund und die Hände hängen lassen, um nicht aggressiv zu wirken. Diese Körperhaltung übten wir immer wieder.

Einer meiner ängstlichen Schüler erzählte mir Wochen später begeistert, dass er eine Begegnung mit einem fremden, großen Hund in dieser Haltung unbeschadet und selbstsicher überstanden hatte.